An Early Cascade gegen alle Konventionen. Genau hingehört bei "Versus".
An Early Cascade, ganz schön am rumsauigeln. Bildquelle: Bandpromo |
Der erste Song auf der Platte "Everything Is Wrong Everything Is OK" klingt schon mal komplett anders, als alles was die Stuttgarter in ihrem früheren musikalischen Leben haben verlauten lassen. Frontmann Maik verheimlicht nicht lange, dass er mittlerweile einfach verdammt gut singen kann. Auch musikalisch passt alles, Theatralik, Tempiwechsel, und ein durch und durch mitreisender Drive zwischen Ambient-Rock und gegebenenfalls Post-Emocore à la Circa Survive.
"Moth Eaten" kommt dann gar ungestüm um die Ecke. Mit hypnotischem Gitarrenspiel und aber massig Raum für Doom-Ausflüge findet sich der kantige Hardcore-Drive unerwartet aber passend wie die Faust aufs Auge wieder im Sound von An Early Cascade ein. "Moth Eaten" ist ein Wirbelsturm, der sich kurzerhand mit sämtlichen Post Hardcore inspirierten Genre-Grenzen anlegt. Gleich mit dem Nächsten, "Of War Is At War", hat man schon fast das Gefühl, die Band fände zum alten Sound zurück. Aber auch hier sind ungewohnte Doom-Passagen, vertrackt in den Hardcore-Song eingebaut.
Mit "Digital Me" zerstören die Schwaben sowieso wieder jeden Gedanken an das Gewohnte. Zwischen Gequietsche und Beat, bohrt sich eine unglaublich stechende Gesangsstimme durch alle Konventionen hinweg, und einer der besten Songs der Platte entsteht. Auch der wahrscheinlich ruhigste, den An Early Cascade je gespielt haben. Der Refrain geht einfach nicht mehr aus dem Ohr, wie ein Wurm setzt er sich dort fest. "I'm starting to release myself from the thought of being free / So I better start of getting along with my digital me."
Im Verlaufe von "Versus" reiht sich eine Überraschung an die andere. Die Band geht ganz bewusst das Risiko ein, die gewohnten Zuhörer zu überraschen, und eventuell die Szene-Polizei zu verprellen. Auf Regeln wird hier keine Acht gegeben, wieso sollte Kunst auch Regeln folgen? Mit "In Between Mountains" ist sogar ein Stück komplett ohne Text auf der Platte. Das auf den brutalen Auftakt von "Town of Clocks" hinarbeitet, welches gleichermaßen einen in der Zeit hin und her schmeißt.
Versucht man gerade mal zwei, drei Songs der neuen Platte zusammen in einen Topf zu schmeißen, merkt man schnell wie das einfach nicht funktioniert. "Lightning Speed", "Dancing Upon The Moon" und "Cutty Sark" sind künstlerisch so clever verwoben und muten dabei an als würde ein Circa Survive gegen ein Norma Jean anstinken und das Ganze dabei in eine Schlägerei ausarten. Aus dem Hintergrund riefen dann vermeintliche Radiohead und Thrice - 'Ey, Jungs chillt mal!'. Und die Antwort von An Early Cascade wäre schlicht "We won't stop dancing upon the moon!" und "The creatures are crawling!" und alle so 'Aaaah!'.
Die schizophrene Achterbahnfahrt, die An Early Cascade ihr Debütalbum nennen darf findet gar episch ein Ende. Den letzten beiden Titeln auf der Platte räumt die Band zusammen mal locker über eine viertel Stunde Freiraum ein. "Dead In The Water" und der titelgebende Track "Versus" überraschen zu guter letzt sogar noch einmal, und schließen das Debüt der Band aus Stuttgart atemberaubend und eindrucksvoll ab. Die letzte Melodie, die aus "Versus" hinaus trägt packt einen quasi an der Hand und führt den Hörer zum Play-Knopf um die Reise gleich nach dem letzten Ton erneut zu beginnen.
Eins ist bewiesen, als An Early Cascade nach ihrer EP "Your Hammer To My Enemy" sagten, all das sei Hineinschnuppern in die Musik, war das die aufrichtige Wahrheit. Denn auf "Versus" wissen die Stuttgarter jetzt genau was sie wollen, und zu welch einem Spektrum sie in der Lage sind.
An Early Cascade - "Versus"
VÖ: 30.09.2011
via: Midsummer Records
Mehr: anearlycascade.com,
anearlycascade.bandcamp.com