Kleine Unterhaltung mit Alive At Last. Die Norddeutsche Post-Hardcore-Band spricht über Album, Freunde und Musik.

Alive At Last aus Alfeld und Hannover. Foto: Promo
Alive At Last sind eine Norddeutsche Post-Hardcore-Band, die kürzlich auf eigene Faust, in bester diy-Art, ihr erstes Album mit voller Länge veröffentlichte. Weil uns die Platte, die nur den Band-Namen trägt, so gut gefällt haben wir uns mit den netten Kerlen mal unterhalten. Dabei bekommt ihr einen guten Einblick in das, was hinter so einem Musikwerk steckt, wenn man keinen großen Geldgeber im Rücken hat.

Alive At Last sind Seb beim Gesang, Marv an der Gitarre, Hans an seiner Gitarre, Breuni am Schlagzeug und Viktor am Bass.
MIM: Erstes Album in voller Länge,‭ ‬aufwendiges Musikvideo,‭ ‬woher nehmt ihr die Zeit und das Geld für all das‭?

Seb:‭ Alive At Last passiert in unserer Freizeit.‭ ‬Wir sind alle anderweitig eingebunden.‭ ‬Drei von uns studieren,‭ ‬einer macht eine Ausbildung und einer sitzt schon fest im Bürosessel.‭
Ohne großen Geldgeber im Rücken ist Kohle immer wieder ein Problem.‭ ‬Dann muss man sich schlaue Lösungen überlegen,‭ ‬vorstrecken oder Konzepte umbauen um sie finanzierbar zu‭ ‬machen.‭ ‬Wir wollen immer gut abliefern und dafür gibt es auch‭ (‬fast‭) ‬immer einen Weg.‭

MIM: Ihr habt kein‭  ‬Label im Rücken,‭ ‬wie finanziert ihr Aufnahmen,‭ ‬Promo,‭ ‬Auftritte et cetera‭?

Breuni:‭ ‬Die Auftritte tragen sich selbst,‭ ‬alles andere wird durch die Shows und Verkäufe unserer CDs und Merch eingespielt.‭ ‬Da muss man aber auch schon mal privat vorstrecken.‭ ‬Jeder andere Mensch investiert ja aber auch in sein Hobby.‭ ‬Zugegeben,‭ ‬es gibt günstigeren Zeitvertreib als eine Band zu unterhalten.

MIM: Wenn man mal so indiskret fragen darf,‭ ‬wie viel Kohle habt ihr in das neue Album gesteckt‭? 

Seb:‭ ‬Verüble uns nicht,‭ ‬dass wir keine konkrete Zahl auf den Tisch packen.‭ ‬Das können wir auch so gar nicht,‭ ‬weil es so viele Posten gibt,‭ ‬die nicht gleichzeitig kommen.‭

Viktor:‭ ‬Wir können ja mal anreißen,‭ ‬was alles passiert ist...‭ ‬Fast jede Räumlichkeit kostet Miete.‭ ‬Kein Ton wird ohne Produzent‭ ‬und Sound-‬Engineer aufgenommen,‭ ‬der einen Stundensatz bekommt.‭ ‬Dann muss gemischt werden und vor der physikalischen Pressung kommt auch noch das Mastern.‭ ‬Wenn dann die GEMA ihren Anteil der Auflage hat kann man unsere CD theoretisch hören.

Breuni:‭ ‬Davon weiß aber noch niemand von ihr,‭ ‬also muss Promo gemacht werden.‭ ‬Zum beispiel werden Magazine und Blogs bemustert...‭ ‬Wer unsere Platten mag,‭ ‬soll auch die Möglichkeit haben sich mit Merchandise einzudecken.‭ ‬Muss auch erst mal eingekauft werden...

Hans:‭ ‬Und dann gibt es noch das wertvollste Gut:‭ ‬unendlich viel Zeit und Herzblut von allen in der Band.‭ ‬Das kann man nicht auf einen Betrag runterrechnen.

Breuni:‭ ‬Wenn ich mir dann überlege,‭ ‬dass‭ ‬jemand kurz mal bei Spotify reinhört und das Album wieder fallen lässt,‭ ‬oder‭ – ‬ohne einen Cent zu bezahlen‭ – ‬10000‭ ‬Mal anhört,‭ ‬habe ich schon das Gefühl,‭ ‬dass das in keinem Verhältnis zur Vorleistung steht.‭ ‬Aber wenn es sie berührt und aus ihnen Konzertgänger/Innen werden,‭ ‬die T-Shirts kaufen ist ja alles gut.


MIM: Euer Musik-Video zu‭ „‬Burn These Bridges‭“ ‬habt ihr in einer Straßenbahn in Köln gedreht.‭ ‬Wieso gerade da‭? ‬Wollte die Üstra in Hannover nicht mitmachen‭?

Seb:‭ ‬Das hat nur‭ ‬praktische Gründe.‭ ‬Die Jungs,‭ ‬mit denen wir das Video gedreht haben,‭ ‬haben ihre Firma in Köln und da die meisten Kontakte.‭ ‬Der Zeitplan war eng,‭ ‬da ist es in einer Filmstadt wie Köln einfacher von heute auf morgen‭ ‬25‭ ‬Schauspieler zu casten und außerdem waren die KVB sehr kooperativ.‭

Viktor:‭ ‬In Hannover zu drehen war dann quasi keine Option mehr.‭ ‬Üstra fahren wir auch oft genug.‭

MIM: Wer kam auf das Konzept zum Video‭?

Breuni:‭ ‬Grundsätzlich war das die Idee von Citizen Frame.‭ ‬Die Jungs,‭ ‬mit denen wir das Video gedreht haben.‭ ‬Eigentlich hatten wir einen anderen Plan,‭ ‬aber als wir uns mit Pomme und Philip [von Citizen Frame] getroffen haben,‭ ‬um das Video zu‭ ‬besprechen,‭ ‬brachten sie die Idee mit der Straßenbahn auf den Tisch.‭

Hans:‭ ‬Wir waren ziemlich schnell Feuer und Flamme dafür.‭ ‬Haben alle anderen Ideen verworfen und uns daran gemacht,‭ ‬die Bahn zu besorgen,‭ ‬Schauspieler und Schauspielerinnen zu casten und so weiter.

MIM: Im Video liegen sich Hannover-96‭ ‬und Bayern-Fans in den Armen.‭ ‬Spielt Fußball so eine große Rolle‭?

Hans:‭ ‬Das haben wir eigentlich eher als Gruß an unsere Heimat gemeint,‭ ‬weil wir das Video in Köln gedreht haben.‭ ‬Was der Bayern Fan da soll,‭ ‬weiß ich eigentlich auch nicht.

Breuni:‭ ‬Ich freue mich schon,‭ ‬dass wir neulich‭ ‬2:1‭ ‬gegen Wolfsburg gewonnen haben.‭ ‬Es ist jetzt aber nicht so,‭ ‬dass es große Auswirkungen auf meine Stimmung hätte.‭ ‬Wir kommen aus dem Raum Hannover,‭ ‬also ist‭ ‬96‭ ‬unser Verein.‭ ‬Bald wollen wir mal ins Stadion,‭ ‬aber von einer großen Rolle kann man da nicht sprechen.

Viktor:‭ ‬Aber‭ ‬Marv‭ ‬ist der wandelnde Kicker.‭ ‬Der kennt jeden Spieler und alle Ergebnisse.‭ ‬Komm bloß nicht auf die Idee gegen ihn zu wetten‭!

Marv:‭ ‬Ruhe,‭ ‬ich check grad das Barca Ergebnis.

MIM: „‎Burn These Bridges‭“ ‬ist wahrscheinlich der eingängigste Song auf eurem Album,‭ ‬um was geht es konkret im Song und auch auf dem ganzen Album‭? 

Breuni:‭ ‬Eigentlich dreht sich das Hamsterrad von alleine.‭ ‬Allen geht’s gut.‭ ‬Alles läuft vor sich hin.‭ ‬Das ist erst mal nicht schlecht.‭ ‬Aber es ist schwer,‭ ‬den richtigen Moment zu erwischen,‭ ‬eine Reißleine zu ziehen,‭ ‬wenn etwas nicht stimmt.‭ ‬Wenn‭ ‬Verantwortung ins Spiel kommen muss.‭ ‬An welchem Punkt‭ ‬sagst du einem Freund,‭ ‬dass er sich scheiße verhält‭? ‬Welches ist das Glas zu viel oder zu oft‭? ‬Manchmal ist es zu spät und man kann die Entwicklung nicht mehr stoppen.‭ ‬Um diese Grauzone zwischen‭ „‬eine gute Zeit haben‭“ ‬und‭ „‬Verantwortung übernehmen‭“ ‬geht es in‭ „‬Burn These Bridges‭“‬.

Seb:‭ ‬Auf‭ „‬Alive At Last‭“ ‬geht es grundsätzlich auch viel um Freundschaft.‭ ‬Unsere Lebenssituationen haben sich während der Entstehung des Albums eigentlich alle verändert.‭ ‬Es geht viel um Veränderung, beziehungsweise ‬Fortschritt und ob dieser gut oder schlecht ist.‭

MIM: Wie habt ihr das Album aufgenommen‭? ‬Hat da jemand von außen viel geholfen  ‬Wer hat die Songs geschrieben‭?

Marv:‭ ‬Meistens steht ein Gitarrengerüst,‭ ‬was wir dann gemeinsam zu einem Song machen.‭ ‬Teilweise entstehen die Songs also am Computer,‭ ‬fertig wird aber nichts ohne es im Proberaum zu probieren.‭

Hans:‭ ‬Wir haben‭ ‬dann‭ ‬alle Songs mit Sascha Hörold im Labor-Studio in Alfeld aufgenommen.‭ ‬Das ist ein kleines,‭ ‬aber sehr gut bestücktes Studio eines Jugendzentrums.‭ ‬Ende‭ ‬2011‭ ‬haben wir da auch schon die Vorproduktion gemacht und alle Songs mit Sascha zu Ende produziert.‭ ‬Dieser Goldjunge begleitet uns schon seit der [Debüt-EP]‭ „‬Anchors Aweigh‭“ ‬und ist gesetzt,‭ ‬wenn’s um Alive At Last Aufnahmen geht.

MIM: Wie schätzt ihr die Szene in und um Hannover ein‭? 

Seb:‭ ‬Auf jeden Fall besser,‭ ‬als die in Hildesheim.‭

Viktor:‭ ‬Es wohnen ja nur Breuni und ich in Hannover.‭ ‬Wir gehen hier auf viele Shows.‭ ‬Die Punk/Hardcore Szene in Hannover ist super.‭ ‬Viele engagierte Leute machen tolle Shows.‭ ‬Ob das die wunderbaren Leute vom Béi Chéz Heinz sind,‭ ‬die Faustler,‭ ‬oder kleine Floorshows in Proberäumen.‭ ‬Da geht was.

Seb:‭ ‬Es könnten für meinen Geschmack öfter mal internationale Touren hier halt machen,‭ ‬aber alles in allem floriert es doch in Hannover.

Breuni:‭ ‬Ich hab schon das Gefühl,‭ ‬dass es in Hannover‭ – ‬gemessen an seiner Größe‭ – ‬viele und gute Konzerte gibt.

MIM: Habt ihr schon mal in Süddeutschland gespielt‭? ‬Glaubt ihr die Leute sind hier unten anders‭?

Hans:‭ ‬Wir haben schon‭ ‬des Öfteren im Süden gespielt,‭ ‬ich kann da aber eigentlich keine so großen Unterschiede feststellen.‭

Marv:‭ ‬Zu Hause ist es natürlich meistens ausgelassener,‭ ‬aber man kann auch mal richtig weit reisen und dann,‭ ‬wie zum Beispiel in Belgien,‭ ‬in einem rappel vollen Laden Leute von der Theke aus Stagediven sehen.

Hans:‭ ‬Wie gut das Konzert ist liegt also eigentlich weniger an der Region,‭ ‬sondern daran,‭ ‬wie gut wir auf der Bühne sind.‭

Marv:‭ ‬Wie betrunken die Zuschauer sind,‭ ‬kann diesen Punkt natürlich wett machen.

MIM: Viele junge Bands singen heutzutage wieder vermehrt auf Deutsch.‭ ‬Warum bleibt ihr beim Englisch‭? ‬Hofft ihr insgeheim auf internationalen Erfolg,‭ ‬oder klingt‘s einfach besser‭?

Breuni:‭ ‬Wir haben uns‭ ‬2006‭ ‬überlegt,‭ ‬welche Kriterien wir erfüllen müssen,‭ ‬um auf der ganzen Welt richtig abzuräumen.‭ ‬Daraufhin haben wir es auf chinesisch versucht.‭ ‬Das sprechen ja auch ziemlich viele.‭

Viktor:‭ ‬Naja,‭ ‬es stand eigentlich gar nicht in Frage,‭ ‬ob wir auf Deutsch oder Englisch singen.‭ ‬Zum einen,‭ ‬weil es so viel schwieriger ist auf deutsch zu texten,‭ ‬aber auch,‭ ‬weil‭ ‬wir damals eigentlich nur englisch-singende Bands gehört haben.‭

Seb:‭ ‬Unsre Songs entstehen meistens zu erst auf den Gitarren.‭ ‬Englischer Gesang fügt sich‭ ‬da‭ ‬einfach schöner in den Song ein und stielt nicht die ganze Aufmerksamkeit.‭ ‬Also ja,‭ ‬es klingt einfach besser.

Marv:‭ ‬Breuni hat ja noch seine Deutsch-Pop Band.‭ ‬Mit der Alex Mofa Gang kann er den Hang zu deutschen Texten ordentlich ausleben.


Mehr zu Alive At Lastaliveatlast.de

Kommende Shows:

16.02.2013 Einbeck, Jugendkirche Marie
23.03.2013 Neunkirchen, Juz

Das aktuelle Album:


Alive At Last - "Alive At Last"
VÖ: 18.1.2013
via: diy

CD-Review bei MY INDIE MIND.






Musikvideo zu "Burn These Bridges":

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