Schönes Gesicht, Tattoos und Köpfchen? Gespräch mit britischem Fashion-Model Lucy Cates.

Lucy Cates. Foto: Emma Brabrook, Makeup: Becky Lingham, Model: Lucy Cates @MOT Models
Es soll einmal eine Zeit gegeben haben, da durfte ein weibliches Model keine Charaktereigenschaften haben, schon gar nicht tätowiert sein, denn Tattoos spiegeln im besten Fall den Charakter und das Seelenleben der Trägerin. Lucy Cates ist ein britisches Model. Sie ist im walisischen Bath aufgewachsen und arbeitet nun relativ erfolgreich als Model in London. Ich habe mit ihr über ihre Träume, Ziele und Ansichten gesprochen. Außerdem beurteilt sie aus ihrem Blickwinkel ob tätowierte Models gefragt oder geduldet sind. Und ob da gerade der nächste subkulturelle Trend in die generelle Popkultur rüber schwappt - spricht über politische Mode, und den Weg zum Glücklichsein.


mim: "Du repräsentierst gewissermaßen diese neue Gattung Fashion-Model. Die tätowierte Schönheit mit einem gewissen subkulturellen Vibe. Wie schätzt Du dich selbst ein?"

Lucy: "Ja, irgendwie ist das so. Aber das geht mir nicht durch den Kopf wenn ich über mich selbst nachdenke. Meine Tattoos sind einfach da. Etwas das ich habe, das eigentlich nichts mit meiner Karriere zu tun hat, aber die ist sicherlich durchaus auch beeinflusst dadurch. Natürlich möchte ich repräsentieren, dass Tattoos in unserer Gesellschaft einfach dazu gehören, und auch an weiblichen Models akzeptiert werden."

mim: "Ich erinnere mich, als es im Netz fast nur eine Seite wie "Suicide Girls" gab. Weißt Du warum es nun immer mehr Model-Agencys gibt, die tätowierte und Models mit sogenannten Body-Mods in ihren Portfolios haben?" 

Lucy: "In einer Generation in der es immer mehr junge Frauen mit Tattoos gibt, ist das Angebot dafür einfach auch größer. Außerdem denke ich, dass Frauen immer zielstrebiger und selbstbewusster werden, das äußert sich dann auch darin, mutig genug zu sein, individuell zu sein. Die Agenturen wollen da einfach am Ball bleiben. Ich hoffe, dass dieser Trend sich so weit entwickelt, dass es einfach in Ordnung ist wenn eine unglaublich schöne Frau tätowiert ist. Unter Männer-Models ist das schon lange kein Problem mehr."

mim: "Ist es heutzutage hilfreich irgendwie anders zu sein? Gewissermaßen ein Nerd zu sein, der komische Musik bevorzugt und Videospiele spielt?"

Lucy: "Ich denke nicht, dass es unbedingt hilfreich ist. Vielleicht weil man sich so vermarkten kann, sodass man cool wirkt. Aber das mache ich nicht. Ich habe einfach diese seltsamen Interessen. Es ist immer irgendwie hilfreich offen für vermeintlich komische Themen zu sein. Hauptsache man bleibt sich treu, ist aufrichtig zu sich und den anderen."

mim: "Erzähl uns doch mal deine Geschichte. Wo kommst Du her? Was magst Du, was hasst Du?

Lucy: "Ich bin in Bristol geboren und in Bath aufgewachsen. Ich liebe viele Dinge, ich weiß nicht ob ich genau so viele Dinge hasse - ich nehme mir immer vor so zu denken. Generell mag ich Nudeln und hasse dumme Leute. Oder sagen wir das anders. Leute, die es nicht versuchen, Leute die nicht diesen kleinen Zwang verspüren neugierig zu sein."

mim: "Wie kam es dazu, dass Du Model werden wolltest?"



Lucy: "Ein Fotograf hat mich gescoutet, als ich als Managerin bei dem Szene-Klamotten-Mailorder Pulp arbeitete. So wurde ich eher als Tattoo-Model engagiert, was aber nie mein eigentliches Ziel war. Das war mir auch schnell nicht aufregend genug. Ich glaube nämlich, dass es ziemlich leicht ist als Alternative-Model Jobs zu bekommen. So habe ich mich entschlossen schwierigere, und vor allem neue Dinge auszuprobieren." 




mim: "Die Stylisten, Fotografen und Designer die mit Dir arbeiten. Wählen die Dich wegen deinem hübschen Gesicht aus, oder weil sie vielleicht mit ihren Bildern und Performances Dinge ausdrücken wollen, die einen tieferen Sinn haben?"


Lucy: "Ich glaube es ist beides. Ich verstehe die Idee sich selbst zu einer Marke zu machen, ohne dabei wie ein kaltes Business zu wirken. Außerdem liege ich irgendwo in beiden Welten. Ich glaube ich kann diese "Essenz" für ein gehaltvolles Foto schon bieten. Zu mindest muss da irgendwas sein, das die Kunden gerne sehen und uns abkaufen. Ich kann mir dabei eben nicht aussuchen, dass die alle an meinem Charakter und meiner Meinung interessiert sind, dazu wäre ich hier auch in der falschen Branche."

mim: "Gibt es die Chance, dass die Fashion-Welt wieder politischer wird?"

Lucy: "Ich glaube, dass Politik in allem steckt. Schon immer, seit es Gesellschaften, Kultur und Leben gibt. Die Modewelt wird immer irgendwie politisch sein. Und wenn es nur die Bildung von Role-Models ist. Beispielsweise für Unternehmen, die Werbung für ethische Stoffe und Klamotten machen um fair zu handeln und die Ressourcen zu schonen."

mim: "Gibt es irgend etwas auf dieser Welt, das falsch läuft, das Du gerne ändern würdest, wenn Du nur könntest?"

Lucy: "Nenne mir irgendjemanden mit Verstand, der glaubt mit der Welt wäre alles in Ordnung. Es gibt fast unendlich viele Ebenen des Lebens in denen etwas im Argen liegt. In allen Aspekten des Lebens; Ethik, Artenschutz, Politik. Da ich vegan lebe, kannst Du dir vorstellen, was ein überaus wichtiges Thema für mich ist."

mim: Bist Du glücklich? Was kannst Du tun, um dich selbst glücklich zu machen?

Lucy: "Als Erwachsene sind viele Dinge viel komplexer, schwerwiegender und düsterer. Es gibt Momente in denen ich total froh und erfüllt bin. Aber ich habe auch das Gefühl noch nicht alle meine Ziele erreicht zu haben. Alle meine Ziele zu erfüllen - danach strebe ich, auf meinem Weg zum Glücklichsein."



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