Hat wer Terror bestellt?

Ich stehe mit meinem irakischen Bekannten im U-Bahnhof auf der Rolltreppe. Er trägt einen Tintenstrahldrucker, den er kürzlich käuflich erworben hat, unter dem Arm. Ein Mann vor uns dreht sich die ganze Rolltreppenfahrt (wenn man das so nennen mag) ständig zu uns um und stiert ängstlich abwechselnd auf den HP-Kasten und meinen nah-östlich anmutenden Begleiter. Der Blick im Gesicht des Mannes entwich in eine vom Schrecken durchfurchte Fratze. Zügig machte er einen Satz die Rolltreppe hinunter, um schleunigst von dem Iraker weg zu kommen.

Bild: dpa
Unzählige Polizeistreifen. Terrorwarnungen im Fernsehen, am laufenden Band. Man soll die Meldungen nicht auf die leichte Schulter nehmen. Weiß mir ein Informant zu berichten, der wegen Sprachbarrieren die Polizei beim Überwachen von Migranten unterstützt. Denn die Terroristen seien häufig deutsche Staatsbürger, und von hier aus Extremist (ich spare mir Islamist oder Fundamentalist) geworden. Die Schläferzellen seien real, heißt es.

Wie soll man darüber berichten, ohne Panik zu verbreiten? Wo man doch eigentlich nichts tun kann, außer Contenance zu bewahren. Aber wenn Meldungen kursieren, man solle jeden der Polizei melden, der eine Sprache spreche, die man selbst nicht verstünde, birgt das uns auch nicht weiter, höchstens bis um die nächste Ecke, zur Massenhysterie. Deutschland ist ein multikulturelles Land. Das müssen die Politiker nur auch so begreifen, und vor allem nach Außen so verkaufen. Vielleicht begreift das dann auch Otto-Normalbürger.

Es herrscht momentan eine gewisse Paranoia auf unseren Straßen. Kann man sich jetzt auf einmal nicht mehr sicher fühlen? Auch nicht auf unseren Weihnachtsmärkten? Die sollen ja scheinbar ein attraktives Ziel sein. Meldungen über Bombenattrappen, die nach München geschickt werden sollten, helfen da auch nicht weiter. Es gibt kein Rezept gegen den Terrorismus, aber unsere friedlichen, interkulturellen Mitbürger sollten nicht darunter leiden müssen, dass wir Deutschen alle Ausländer anscheinend unter eine Decke stecken müssen. Dunklere Haut, Kulleraugen und ein möglicherweise anderer Gott machen um Himmels Willen noch Lange nicht gleich einen Terroristen aus einem zivilisierten Menschen. Der moderne Terrorist sieht Medienberichten zufolge nämlich sowieso nicht auffällig aus. George W. Bushs Vorzeigeterrorist dient nicht als Feindbild. Dann noch eher der fundamentalistische Katholik.

Fakt ist wir sind nicht unsicherer als zuvor. Ein großer Scheiß konnte schon immer passieren, wenn man über die Straße ging. Ob ein Auto explodiert, oder ob ein Besoffener über Rot brettert, das Resultat ist in den meisten Fällen eher suboptimal. Also leben wir doch lieber mal mit Köpfchen und Menschenverstand weiter, und hören nicht auf den Urinstinkt - vor allem Fremden Angst zu haben. Darüber sind wir dank Bildung und Intellekt doch (drüber) hinaus(, oda, Keule?).

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