Wie die Protestwähler den rechtspopulistischen Rattenfängern auf den Leim gehen. Die vergangenen Landtagswahlen kommentiert.

Katerstimmung eines progressiven Stuttgarters.

Natürlich wurde die AfD trotz ihrer Hetze demokratisch von einem verhältnismäßig hohen Anteil der Bevölkerung gewählt. Das ist die eigentliche Schande. Die alten Mitte-Parteien haben es leider versäumt inhaltlich die Debatten auf ihre Seite zu ziehen, die "mit-der-AfD-sprechen-wir-nicht"-Einstellung hat diese zusätzlich als coolen Aussätzigen stilisiert, was total unnötig für Publicity gesorgt hat. Das ist auch die Mitschuld der etablierten Medien, die in den Chor oft banal mit eingestimmt haben.

Jetzt kommt prompt die Quittung und die Gewissheit, dass selbst in der eigentlich vorwärtsgewandten Stadt Stuttgart reaktionäre Protestwähler tendenziell sogar rechtspopulistischen Rattenfängern auf den Leim gehen.

Wie geht's jetzt weiter? Wie soll ich frohen Mutes durch die Straßen meines Bezirks spazieren, wenn ich weiß, dass wahrscheinlich jeder Zehnte, der mir über den Weg läuft poteziellen Nazi-Parolen nacheifert, ohne die Hintergründe zu kennen? 


Das Problem, meine These: das Parteiprogramm der AfD kann niemand der zig Wähler gelesen haben, rede ich mir ein.

Bewusst zu unterschreiben, dass jede Frau zum Gebärapparat degradiert werden soll, wir auf die Umwelt scheißen und homosexuelle Beziehungen eine Perversion aus der Hölle sind, geht's noch? 


Bewusst kann hoffenltich kein so großer Prozentsatz dieser Gesellschaft Ideologien aus Zeiten der Hexenverbrennung mit einem Kreuzle unterzeichnet haben.

Was in Sachsen-Anhalt passiert ist, weiß ich nicht zu beurteilen. Ich war, glaube ich, noch nie im Leben dort. Aber, dass in Pforzheim, einer mittelgroßen baden-württembergischen Stadt, und in einem Wahlkreis von Mannheim, diese rechtspolulistische AfD die Wahl gewinnt, das stimmt mich entsetzt und traurig. Rheinland-Pfalz hingegen ein Debakel für Grün, das lässt sich allerdings leicht erklären. Die dortige SPD ist schon grün genug, und Naturschutz ist in jeder bisherigen roten Regierung verankert gewesen. Die AfD ist dort allerdings fast genau so stark wie in BW.

Die AfD als Nazi-Partei abzustempeln ist ein schwieriges Unterfangen. 

 

Denn auch rückwärtsgewandte (nennen wir sie mal) "Nicht-Deutsche aus konservativen Kreisen" laufen dieser Partei zu. Diesen Menschen zu erklären, dass sie einem Großteil der Nazi-Ideologie nacheifern, ohne Plakativ "Arisch" auszusehen, ist ein schwieriges Unterfangen. Wir in unser fortschrittlich freiheitlichen demokratischen Denkweise, müssen in unseren Argumenten weniger polemisch, weniger reaktionär als der AfD-Wähler werden. Sachlich und inhaltlich sollte früher oder später jeder selbstbestimmte Mensch aus seinem psychotischen Protest erwachen und wieder Teil einer funktionierenden vielseitigen Gesellschaft werden.

Eine Gesellschaft in der jeder Mensch gleich ist - egal wie er aussieht, wo er herkommt, wie viel Geld er auf dem Konto hat und mit wem er gerne den Beischlaf verübt - ein Traum der kein Traum bleiben muss, rede ich mir ein.

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