Hohe Spielekunst aus Ludwigsburg: Studio Fizbin mit The Inner World.
Fast so bezaubernd wie das Spiel: die amüsante Bardame. |
Auf der Gamescom im letzten Sommer stapfte ich etwas ausgelaugt durch die Pressehallen. Durch Zufall fand ich ein Stückchen Heimat im fernen Köln. Mich lachten Visitenkarten von Studio Fizbin an, die im benachbarten Ludwigsburg feine Spiele entwickeln. Ihr erster Adventure-Hit The Inner World ist vor kurzem auf Apples iOS-Geräten erschienen. Sebastian Mittag, Fizbin-Mitgründer und Game Director des Spiels, stand uns kurzerhand für einige Fragen zur Verfügung. Was der liebe Mensch so zu erzählen hat und weshalb ihr euch The Inner World unbedingt kaufen solltet, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.
MIM: The Inner World ist eines eurer ersten Spiele. Was hat euch dabei als noch recht junges Studio besonders eingeschüchtert?
Sebastian: „Der Moment, wenn man weiß: Jetzt muss man es durchziehen, bis zu einem marktreifen Spiel. Vorher ist es nur ein Abschlussprojekt. Man darf rumspinnen, schert sich nicht um den "Markt". Man baut Luftschlösser. Aber plötzlich bekommt man viel Geld einer Förderung, Geld von einem Publisher, man unterschreibt Verträge, man beschäftigt Leute. Und dann muss man aufpassen, dass man trotzdem seine Vision auf Kurs hält und nicht aus Angst alles an seinem Projekt abschneidet, um es gefälliger zu machen. Gar nicht so einfach. Ich für meinen Teil bin mit dem Ergebnis mehr als glücklich.“
MIM: Wie lief die Entwicklung des Spiels ab? Wie habt ihr begonnen und wie habt ihr euch für dieses eine Spiel entschieden?
Sebastian: „Die Entwicklung lief hier etwas anders. Noch während dem Studium an der Filmakademie Ludwigsburg wurde gemeinsam mit der Hochschule Ravensburg-Weingarten ein Workshop veranstaltet, bei dem es um die Erschaffung von Welten ging – völlig unabhängig von Genres, Plattformen oder überhaupt Medientyp. Hier entstand überhaupt zum ersten Mal die Idee von The Inner World, die Welt von Asposien und ihrer verrückten Bewohner.
Erst später wurde überlegt, wie mit diesem Material sinnvoll und wertig umgegangen werden kann. Dabei entstanden auch grundsätzliche Überlegungen eines Brettspiels und einer Kinder-Zeichentrickserie! Letzten Endes aber war klar, auch durch den Studiengang „Interaktive Medien“ von Sebastian und Mareike, dass interaktive Inhalte mit der Welt von Asposien erschaffen werden sollen. Nach und nach entwickelte es sich in Richtung Videospiel. Da wir von Anfang an einen starken Fokus auf Geschichten und Charaktere legten, bot sich dann das Adventure-Genre nahezu perfekt an, um auf eine möglichst unterhaltsame Weise, eine gute Geschichte zu erzählen. Auch der entwickelte 2D-Stil fügte sich perfekt ins Genre ein.“
MIM: The Inner World gibt es seit kurzem auch in einer iPad- und iPhone-Version. Wie habt ihr das Spiel dafür angepasst? Gab es besondere Hindernisse?
Sebastian: „Tatsächlich war The Inner World zu Beginn nur als AppStore-Spiel geplant. Da hatten wir noch keinen Publisher und eben auch keine PC/Mac-Version. Jedoch war die Optimierung für die mobilen Geräte am Ende aufwändiger. Zunächst muss man alle Interface-Elemente neu anordnen und ihre Größen überdenken. Das grundsätzliche Steuerungsprinzip ist aber bei allen Versionen gleich. Die große Herausforderung im mobilen Bereich ist, dass man einfach weniger Speicher zur Verfügung hat und alles stark optimieren muss. Gerade bei diesem Spiel mit so vielen Grafiken, Animationen und Sounds war das eine große Herausforderung. Aber ich glaube es hat sich gelohnt, auf dem Retina-iPad sieht das Spiel jetzt einfach wahnsinnig gut aus!“
MIM: Gibt es Elemente im Spiel, auf die ihr besonders stolz seid?
Sebastian: „Ich glaube alle im Team können erst einmal sehr stolz auf sich selbst sein, weil die Summe ihrer Talente zu diesem Kleinod geführt hat. Ich persönlich bin sehr stolz darauf, dass wir eine ganz eigene humorvolle detailreiche Welt geschaffen haben, die von einzigartigen Charakteren bevölkert wird. Wir haben das Baby geschaukelt. Das war unser erstes großes Spiel! Wir stehen sogar in Australien als Box im Verkaufsladen und sind jetzt fünf Mal für den deutschen Entwicklerpreis nominiert. Was will man mehr?“
MIM: Die Ansprüche der Spieler haben sich im Vergleich zu den Anfängen des Adventure-Genres stark verändert. Wie seid ihr darauf eingegangen? Worauf musstet ihr besonders stark achten?
Sebastian: „Das Spiel ist sowohl für Anfänger als auch für Veteranen geeignet. Das war mir sehr früh ein wichtiger Punkt. Lange Zeit war ein rudimentäres Hilfesystem geplant, das dem Spieler Tipps geben sollte. Dieses System wurde in den letzten Monaten der Entwicklungszeit noch einmal extrem ausgebaut und ist zu einem starken Alleinstellungsmerkmal des Spiels geworden. An jeder Stelle des Spiels kann ich mir Rätsel-Tipps geben lassen. Das System ist dabei aber extrem anpassungsfähig. Es weiß zu jedem Zeitpunkt mit welchen Personen man schon über welche Themen gesprochen hat, welche Gegenstände man bei sich hat etc. und es passt seine Tipps auf den aktuellen Wissensstand des Spielers an. Die Tipps sind dann wiederum gestaffelt. Es geht vom kleinen Hinweis bis zur konkreten Lösung. Der erfahrene Adventure-Spieler wird das Hilfesystem höchstens als Quest-Log nutzen (Das System sagt einem auch kurz, was die aktuelle Aufgabe ist), der komplette Anfänger interessiert sich vielleicht mehr für die Geschichte und Welt und wird sich häufig sagen lassen, was er als nächstes tun muss.
Ansonsten benutzen wir die üblichen Hotspots und haben lediglich zwei Interaktionsmöglichkeiten mit der Umwelt. Unser Robert entscheidet selbst, dass es mehr Sinn macht, eine Bardame anzusprechen, anstatt sie ins Inventar zu packen. Ich habe also nur die Auswahl zwischen "anschauen" und "interagieren" (reden, nehmen, benutzen). Zur besseren Zugänglichkeit trägt auch bei, dass Dialog-Themen als Symbole dargestellt werden, nicht als ausgeschrieben Sätze.
Insgesamt haben wir ein modernes Adventure geschaffen, was aber seine klassischen Wurzeln nicht leugnet.“
MIM: Euer Spiel hat es kurz nach der Veröffentlichung an die Spitze der App Store-Charts geschafft. Hat sich womöglich sogar etwas an den Planungen für euer nächstes Projekt geändert, nachdem euer Spiel auf Apples Geräten so gerne gekauft wird?
Sebastian: „Platz 1 bei iPhone und iPad kam wirklich überraschend und wir waren völlig überwältigt, wie viele Menschen dann wohl doch auf ein schönes Point & Touch Abenteuer gewartet haben. Diese grandiose Platzierung bedeutet für uns natürlich, dass sich die Mühe und Zeit für eine App auf jeden Fall gelohnt hat und das ganz offenbar großer Bedarf an Adventure-Games für mobile Geräte herrscht. Wir wissen aber auch, dass die App noch nicht fehlerfrei funktioniert. Wir arbeiten daran und werden das auch weiterhin tun, der Aufwand ist dafür aber auch sehr, sehr hoch. Wir sind also überglücklich, dass sich das Spiel (trotz der noch vorhandenen Probleme) so gut hält, die ganze Sache hat uns förmlich umgehauen.
Für das nächste Projekt ändert das aber tatsächlich vorerst nichts, dazu ist es schon zu fortgeschritten. Was wir nämlich auch gelernt haben, ist, dass es für ein so kleines Team kaum schaffbar ist, eine solche Vielzahl an Games-Versionen (PC-, Mac-, Box-Version, internationale Box-Version, Digital-Version, Steam-Version, iOS-Universal-Version inklusive Support des während der Entwicklung veröffentlichten neuen iOS 7.0) mehr oder weniger zeitnah zu veröffentlichen und alle Versionen dafür ausreichend zu testen.“
Vielen Dank an Sebastian und das restliche Studio Fizbin!
via: Studio Fizbin
Plattform:
PC
iOS
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