Wie die Aasgeier auf Lena und ihre CD



Einfach nur Lena - das Meyer-Landrut erspart sie ihrem CD-Cover, und auch der Konkurrenz beim kommenden Eurovision Song Contest.

Die Medien ersparen der jungen Künstlerin momentan hingegen kaum eine aus den Fingern gesogene Möchtegernschlagzeile: Der Spiegel, der Online schon lange nicht so investigativ und seriös agiert wie in seinem Print-Pendant, verspeist die 18-jährige Hannoveranerin wegen einer kleinen TV-Rolle in einer RTL-Doku-Soap, als sei sie eine Hexe, und wir lebten im 16. Jahrhundert. Ein gesetzlich volljähriges Mädchen zeigt sich relativ freizügig (gar nackt) im Pool und küsst dabei auch noch einen Jungen (Ausrufezeichen), das ist ja gar... sexuell, wie widerlich - ich hoffe SIE lesen Ironie. Was diese Szene zeigt ist nicht schlimm. Sie zeigt im weiteren Sinne lediglich, dass Lena in die Öffentlichkeit drängte. Dass es mit Stefan Raabs Casting-Sendung schlussendlich klappte, ist einerseits ein in Erfüllung gegangener Traum, und andererseits wie man an der Boulevard-Presse sieht ein Fluch.

Schaurig, wie vorhersehbar die Medienwelt ist. Schaurig ist auch, wie die Menschen den Medien ihre Meinung zur freien Vergewaltigung stellen. Paradox ist zudem, wie jedes vermeintliche Nachrichtenportal gegen die junge Künstlerin wettert, wie auf der Straße schon jeder von ihr genervt zu sein scheint, und wie sich gleichzeitig ihr Album verkauft wie warme Semmel.

Wichtig wird sich erweisen wie Lena aus all diesem Trubel heraus wächst. Ob sie nach dem Contest in Oslo von der Bildfläche verschwinden wird, ob sie weiterhin eine pop-musikalische Karriere durchziehen wird, oder ob die Medien Ausschlachtung sie komplett zerfleischt. Man möchte ihr gönnen, noch ein weiteres, persönlicheres Album aufnehmen zu können. Denn uns allen dürfte klar sein, das glatt gestriegelte Schnell-Schuss-Album "My Cassette Player", das seit Freitag auf dem Markt ist, ist definitiv nicht Lena wie sie leibt und lebt. Diese junge Frau ist immer noch ein Segen für die deutsche Popmusik, so jemand kommt nicht alle Jahre. Deshalb sollten wir nicht jedes gute Haar, an ihr, mit unserem Neid abtöten. So sollte doch jemand besser die Reißleine ziehen, bevor jegliche künstlerische Integrität und Eigenartigkeit dem Ausverkauf zum Opfer wird.

Niemand kann es ihr verdenken, berühmt oder immerhin bekannt werden zu wollen, wer will das nicht? Und immerhin macht sie es mit unvergleichbarem Talent; in vorgefertigten Popstrukturen immerhin ein wenig Eigeninterpretation einfließen zu lassen. Auf CD hört man sie natürlich nicht mehr so authentisch wie Live, denn da kann der Produzent leider viel zu glatt bügeln. Ungebügelt macht sie allerdings sichtlich mehr Spaß. Deshalb freuen wir uns doch, dass wir sie in Oslo nochmals live sehen dürfen und sie sich hoffentlich nicht zu sehr gerade biegen hat lassen, vielleicht wird die Veranstaltung dadurch wenigstens ein bisschen aufgelockert - und gar unterhaltend.

Lenas Debütalbum: "My Cassette Player" VÖ: 07.05.2010

1. Satellite
2. My Cassette Player
3. Not Following
4. I Like To Bang My Head
5. My Same
6. Caterpillar In The Rain
7. Love Me
8. Touch A New Day
9. Bee
10. You Can't Stop Me
11. Mr. Curiosity
12. I Just Want Your Kiss
13. Wonderful Dreaming

Der Eurovision Song Contest Oslo 2010:
im TV: 29. Mai, 21:00 Uhr, Das Erste
Mehr zur Künstlerin: lena-meyer-landrut.de

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