Leben zwischen den Zeilen. Eine Geschichte von einer Stuttgarter Nacht, die eigentlich ein Konzert-Bericht und ein Bar-Gang hätte werden sollen.

Wie schnell wirst Du kriminell? ;-) Foto: Nina Kraus //


Es war klar, dass der Abend eine enge Kiste werden wird. 


Den letzten beruflichen Termin an diesem jetzt vergangenen Freitagabend hatte ich von 17 bis grob 20:30 Uhr eingeplant. (Anmerkung d. Redakteurs: Ich arbeite hauptberuflich als TV und Videojournalist. Diese Webseite schreibe ich, weil ich sie schreiben will und mir was an ihren Themen liegt.) Im Hinterkopf hatte ich das Konzert von der neuen Stuttgarter Band (jetzt, nach dem Live-Debüt, bekannt als "Bye"), New Native und Sandlotkids im Juha-West, das wir alle schätzen und lieben. "Die fangen bestimmt nicht vor 21 Uhr an zu spielen, das schaffe ich bestimmt dort hin."



Der vorhergehende Termin war in Ludwigsburg. Stellte sich heraus, dass das doch sehr optimistisch kalkuliert war. In Ludwigsburg ging das dann doch bis 21:15 Uhr.

In der Zwischenzeit hatte sich auch herauskristallisiert, dass der Freund, der aus Ravensburg anreiste um später in Stuttgart noch Bier trinken zu gehen, verspätet von seiner Arbeit loskommt. Journalistenleben eben. Er meldete dass er gegen 23 Uhr in Stuttgart am Hauptbahnhof sein werde. Nun gut. Ich war dann zunächst erst einmal im Jugendhaus West angekommen. Mittlerweile war es etwa 21:45 Uhr.

Einer der Philipps, die hier auch ab und zu schreiben hatte mich gebeten eine Platte von einem Bekannten abzukaufen, der würde auch dort sein, da er mit seiner neuen Band Bye dort spiele. Das machte ich natürlich. "Name Your Price: 10 Euro" für die letzte Platte von Wølfenstein. Den anderen Philipp, der hier bisher einen Artikel geschrieben hat, traf ich dort auch an, mit seiner Freundin. Insgesamt verbrachten wir glaube ich dann 45 Minuten dort, bis ich weiter musste, oder wollte. Irgendwie war ich hektisch geworden, mit meinem Kopf voller "Hey ich will alles unter einen Hut bekommen!".

Um etwa 22:45 Uhr fuhr ich also mit dem Auto wieder die Bebelstraße runter, ich hatte ganz vergessen, dass zwischen Ludwigsburg und Stuttgart-West die "Bitte-Tanken"-Leuchte angegangen war. Nun gut, dann fuhr ich also schnell zur Esso-Tankstelle hier in der Straße. Die schien noch geöffnet zu sein. Die Zapfsäulen waren offen, die Preisanzeige-Tafel an der Straße leuchtete auch. Ich tankte knapp über 10 Euro in das Auto, um eben gerade noch anständig zum Bahnhof und dann wieder nach Cannstatt zu kommen. "Sorry, Feinstaubalarm, ging nicht anders."

Naja ich hatte dann getankt. Doch die Türe der Tankstelle lies sich nicht öffnen. Ich linste durch die Scheibe in den beleuchteten Innenraum der Tankstelle. Niemand da. "Okay. Gibt's hier nen Nachtschalter, irgendwo?"... Fehlanzeige. Auch an der Zapfsäule kein Kartenlesegerät. "Komisch." Mittlerweile ist es 22:57 Uhr. Ich muss ja eigentlich jetzt am Hauptbahnhof sein. Ich ging noch einmal schnell um die Tanke. "Okay, die ist wirklich zu." Die Öffnungszeiten an der Tür sagten "....geöffnet bis 22 Uhr." Super. Ich fand eine Nummer an der Tür. Die Notfallhotline. Die bemühte ich bis zur Warteschleifenmusik und legte wieder auf.

Ich fuhr dann weg, ohne zu zahlen, zum Hauptbahnhof. Der Freund Daniel war eben aus Ravensburg angekommen. Dem erzählte ich die Tankstellengeschichte. Wir entschlossen uns nochmal in die Bebelstraße zu fahren. Ich war mir nicht sicher. Vielleicht war ich einfach zu dumm, den Nachtbetrieb zu checken. Im Kopf spielten sich Szenarien ab. Polizeisirenen. Knast. "Wegen bisschen mehr als 10 Euro?" Ich war müde. Auf der Theodor-Heuss-Straße leuchtete plötzlich ein rotes Blitzlicht auf. "Fuck, geblitzt". Ich war mit 38 Sachen unterwegs gewesen. Ab 22 Uhr ist hier 30.

"Wer Nachts mit dem Auto hier lang fährt ist selbst schuld" sagte meine eigene Stimme im Endlos-Echo in meinem Kopf. Super Abend. Bei der Tankstelle waren wir beide dann zusammen genau so ratlos, wie ich eben schon geschildert hatte. Ich versuchte nochmal die Hotline von der Türe. Diesmal blieb ich lang genug dran, bis zum Tonbandgerät. Ich hinterließ eine Nachricht. Wir fuhren dann Nachhause.

Am nächsten Morgen hatte sich das mit dem Schlafen so gegen 7:30 Uhr erledigt. Ich hatte einen verpassten Anruf auf dem Handy. Die Hotline. Nach dem Rückruf wusste ich, dass ich mal "besser wieder bei der Tankstelle vorbei fahren sollte". Das machte ich. Es klärte sich auf, dass wohl die "neue Kollegin" vergessen hatte die Zapfsäulen abzuschalten. "Gut, dass die niemand leergetankt hat", dachte ich mir.

Nun ja, ich hatte dann den Betrag bezahlt. Die Frau in der Tankstelle war nett und schenkte mir einen Kaffee. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal einen Samstag um 7:30 Uhr begonnen hatte.

Zwei Mal am Abend aus unterschiedlichen Quellen kam die Frage: "Was macht eigentlich deine Band?"

"Ja, was macht eigentlich die Band?" So ist das eben wenn man versucht drei Leben in eins zu stecken.

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