Retrospektiv betrachtet war das Pirate Satellite Festival 2014 in Stuttgart irgendetwas zwischen Pie und Rad.

Irgendwie schräg. Everlast beim Pirate Satellite Festival am Samstag
Ein Tag im Zeichen des Folk, ein Tag im Zeichen des Indie-Core. Wenn man das so zusammenfassen mag. Das Pirate Satellite, ein zwei-tägiges Indoor-Festival im LKA Longhorn in Stuttgart, war eine zwie-gespaltene Erfahrung.

Plump abgewandelt vom englischen Wortlaut des Wortes "Pirate" möchte ich für diesen Bericht die Kategorien "Pie" und "Rad" zu Rate ziehen. "Pie", zu Englisch: Torte, oft auch abwertend, synonym für Mist ~ bsp. mit der Erweiterung Bull-Pie, gleichbedeutend Bull-Shit zu verstehen. So werde ich dieses Wort im fortfolgenden Text verwenden. ...und "rad", aus dem englischen Slang, für ziemlich verdammt super. Surfer sagen das häufig, Bro. Für ziemlich verdammt super möchte ich im Folgenden "rad" verwenden.

Ziemlich rad war beispielsweise das Lineup am Sonntag. Mit Hochkarätern aus Post Hardcore, Emo, Indie-Punk und Emocore. Highlights waren sicherlich die Auftritte von Touche Amore, La Dispute, The Menzingers und Brand New.

Ziemlich verdammt rad waren auch I Am The Avalanche, die recht früh am Sonntag die Bühne bespielten. Für mich bis vor einem Tag noch ein unbeschriebenes Blatt, nun mehr als ein Geheimtipp. Diese Punk-Band aus New York City. 

Was allerdings ziemlich pie war, war der undankbare Slot für Saves The Day, direkt nach Touche Amore hatten die mit ihrer ultra-netten art, und ultra leichtem Emo-Punk einfach keinen guten Einstand - nach der brachialen Handkante von Touche Amore.

Ziemlich rad wiederum war der Auftritt von Brand New, als vorletzte Band am Sonntag-Abend. Sie spielten ein chaotisches Set, alles andere als perfekt. Dabei aber so verdammt gewitzt und atmosphärisch mitreisend - was verdammt schön von der Menschen-Menge reflektiert wurde. Chaos auf der Bühne. Chaos vor der Bühne. Die Songauswahl ließ außerdem keinen Wunsch offen. Angefangen bei "Sowing Season (Yeah)" bis "Jesus Christ" und "Sic Transit Gloria ... Glory Fades", auch wenn es teils etwas schepps interpretiert wurde. Zwinker.

Ja. Auch die alten Herren von Boysetsfire machten alles richtig am Abend. Was ziemlich rad war, war wie Nathan Gray die Show unterbrach um eine Rangelei zwischen einem (weiß-Gott) angetrunkenen BSF-Fan und drei (man höre DREI), ja dreien sogenannten Security-Menschen zu schlichten. Was auch mit Humor und der nötigen Ernsthaftigkeit gelang.

Es waren zwei Tage voller Ereignisse. Einige davon waren ziemlich rad, und andere wiederum arg pie. Ziemlich pie-ig waren die Preise der Getränke, und für Essen. 5 Euro für einen veganen Wrap? Da kennt man andere alternative Festivals wo man ähnlich leckeres für 2 bis 3 Euro bekommt. 3 Euro für einen 0,4-Becher Wasser und 3,50 für nen 0,4-Becher Bier? Und 5 euro für 'ne Dose Relentless Engery-Drink? Uncoole Festival-Preise. Arg pie war auch das oben angesprochene Verhalten der vermeintlichen Security.

Ziemlich große PIE auf dem PIE-RAD-Satellite (ja, ja Pirate) war irgendwie der Samstag. Ist ja eine angenehme Abwechslung, schön folkige Bands und Songwriter mal en masse gebündelt zu haben. Waren nur leider zu viele. Ja gut, Larry and his Flask, Lucero und Chris Wollard und Band waren sicherlich ziemlich gut, doch offensichtlich hatten nicht sehr viele mit einer solch bärtigen Versammlung von ähnlich klingenden Typen gerechnet. Die Stimmung war nämlich eher so, wie sagt man? Mau.

Zuguterletzt musste dann der Weltstar (muss man betonen) Everlast mit seiner Akustik-Show (muss man auch betonen) gegen eine teilnahmslose brabbelnde Masse von gelangweilten Zuschauern anspielen. Dabei musste der Herr zu Recht auch mit dem eigenen Ego kämpfen. Ich kann mich schwer entscheiden auf welcher Seite ich hier stehen möchte. Als Besucher hätte man auf jeden Fall am Ende eines solchen SAMStags gerne einen lauten Auf-Die-Fresse-Act gehabt, und als Künstler auf der Bühne hätte man sicherlich gerne ein bisschen mehr Beteiligung und Respekt seitens der Besucher gehabt. Denn wenn ich mich nicht irre, war das die erste Show die ich besuchte, auf der ein Künstler ein Lied abbrach, weil ihn das Publikum angekotzt hat. Wie gesagt, ist es schwierig da jemandem die Schuld zu geben... ich schiebe den schwarzen Peter mal den Planern der Veranstaltung zu. Da hat sich Radio Clash leider nicht durchweg mit Ruhm bekleckert. Sag ich jetzt einfach so.

Denn irgendwie war die Stimmung oft nahe am null-Punkt. Da hat selbst ein unbezahlter Blogger (der das sehr sehr gerne macht) seine Grenzen der vollständigen Berichterstattung aus Gründen der Lust erreicht.

Aber trotzdem Danke für den ziemlich wahnsinnigen Sonntag. Der war arg rad. Und das meine ich so.


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