Ein Heranwachsender dreht durch und das Medienecho läuft amok.

Bild: Screenshot von twitter.com/bild_aktuelles









Natürlich ist es in aller Munde. Das Geschehniss in Winnenden. Aufzuwärmen ist nichts mehr. Alles haben die Medien verbraten. Was über den jungen Kurznachrichten-Dienst Twitter in die Welt losgelassen wurde, wurde von jedem halbgaren Möchtegern-Journalisten aufnommen und als die Neuigkeit, die neuste Entwicklung, die Wahrheit verpackt und fand irgendwie zum Leid aller den Weg in sämtliche seriös anmutende Nachrichtenportale. Zu Teilen sogar in die aktuellen Ausgaben der täglich erscheinenden Zeitungen.
Gespickt mit Halbwahrheiten und falschen Fakten mutet die Medienwelt heute um einiges unglaubwürdiger und unseriöser an, als es noch zu Beginn der Woche der Fall war. Die Einerseits wünschenswerte Entwicklung des "Publish-Yourself"-Web 2.0-Trends wird durch die Unzahl spekulativer Botschaften zur Falle für Schnellschuss-Journalisten, die sich über jedes weitere veröffentlichte Zeichen wahrscheinlich ein höheres Honorar erhoffen. Was als Exklusivmeldung anmutet, ist in der heutigen Zeit so unglaubwürdig wie nicht einmal die Mundpropaganda des späten Mittelalters war. Das liegt an den unzähligen Falschmeldungen, die eben auf diese spekulativen Kurzmeldungen aufbauen. Durch die Entwicklung der Medienwelt hat die Informationsflut imens an Tempo zugenommen. Eine Nachricht gilt schon nach einer Stunde als nicht mehr aktuell. Deshalb stürzt man sich wie die Aßgeier auf jedes Fetzchen, das irgendwo aus der Ecke eines schrecklichen Vorfalls stammen könnte und verwurstet es als neue Meldung. Dirigiert durch die Sensationsgeilheit der Boulevardpresse schauckeln sich diese Meldungen dann so weit in die Höhe, dass niemand mehr weiß was eigentlich passiert ist. Und weil niemand weiß was vorgeht, schreibt er beim nächstbesten Nachrichtenportal ab. Dass dieses die ursprüngliche Nichtnachricht aber von einem unbeteiligten, verängstigten Menschen am Bahnhof, der das zuvor getwittert hatte, abgeschrieben hat, weiß keiner mehr, und hat auch niemanden mehr zu interessieren, denn man hat ja eine neue Zeile zu tippen.
Das Schlimmste daran ist, dass seriöse Zeitungen wie die Zeit und die Süddeutsche (beispielsweise) auf den Zug der Sensationsgeilheit aufspringen, und vom eigentlichen Journalismus nichts mehr übrig bleibt. Wenn das so weiter geht, will ich nicht zu dieser Sippe dazu gehören als angehender Journalist und Journalismus-Student. Bemerkenswert sind aber dann glücklicherweise noch vereinzelte Texte die auf taz.de veröffentlicht wurden. Es scheint immer noch Hoffnung zu geben, denn da denken Menschen immer noch nach was sie schreiben. Auch nicht immer, aber zu mindest in diesem Fall.

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