Zwischen Musik und rohem Keksteig - Euroblast 2018. Mit dabei: Conjurer, Vola, I Built The Sky, Caligula's Horse, Monuments, Cabal, Rolo Tomassi, Heart Of A Coward, Crippled Black Phoenix, Soen, Vildhjarta, Sordid Pink und Long Distance Calling.

Crowdsurferin bei Vildhjarta. Foto: Janik Fregin / mim//


"Festival for progressive Music", so labelt sich das Euroblast Festival selbst. Und das stimmt. vom 4. bis 7. Oktober haben sich Progfans aus aller Welt in Köln versammelt um sich ein Wochenende des Euroblastzaubers hinzugeben.


[Janik war vor Ort und hat hier diesen recht ausführlichen Bericht und schöne Fotos mitgebracht. - Anm. d. Red]

Donnerstag, 19:00 Uhr, Schi­cki­mi­cki Industrie- und Gewerbepark in Köln.

Nach 5 Stündiger Fahrt von der Heimatstadt (Stu-york) angekommen vorm Club Volta, sieht man schon eine Schlange voller verschiedener Typen und Nationen. 
Willkommen zur Ignite Night des Euroblast Festivals 2018. 
Das Eröffnungskonzert zeigt uns schon mal ganz gut was man vom richtigen Festival erwarten kann, eine riesige Bandbreite an Musikrichtungen und richtig gute Laune. Bereits dort wurde einem klar dass man es nicht mit dem ordinären deutschen Musikfestival zu tun hat. 
Die vier Bands am Abend zeigen schon sehr gut den Mix an Bands aus Instrumental-Prog, Heavy Corezeug und ruhigem Singsang.


Freitag, 13:00 Uhr, Köln-Deutz

Die Schlange vor der Essigfabrik ist riesig und während man an den gut 100 Metern Progfans vorbei läuft, hört man Vorfreude und Begeisterung in allen Sprachen. Noch sehen alle fit aus.
Die Security ist sehr gründlich was die Taschenkontrolle angeht, weshalb ich beim Betreten des Geländes direkt in die Große Halle zur ersten Band reinhüpf ohne mich mit der Umgebung vertraut zu machen. 


Unprocessed
Die Würde aber auch schwierige Aufgabe das Festival offiziell zu Eröffnen haben 5 junge Männer aus Wiesbaden, Unprocessed. Kann mich nicht daran erinnern wann ich das letzte Mal so viele Zuschauer bei einem Opening-Akt gesehen habe, sowas freut einen doch. Trotz der vielen Leute keine Spur von Nervosität bei der Band, den Job machen sie super. Mit hastigen Gitarrenriffs und einem Bassisten der Hauptberuflich wohl als Animateur arbeitet bekommen sie die Menge schon zum Abgehen und bereiten sie super auf das Wochenende vor.

veganer Euroblast Kuchen


Nach der ersten Band nehme ich mir ein Bisschen Zeit und erkunde was das EB neben Musik noch zu bieten hat. Aus der großen Halle heraus springt einem direkt eine Vielzahl an Bandlogos ins Auge, der Merchstand. Gegenüber ist die "Eurokitchen", bei der man zu einem guten (in Festivalverhältnissen) Preis eine gute Auswahl an Essen hat, von Wokpfanne über Sandwiches bis zu leckeren Euroblast Kuchen. 
Weiter auf dem überschaubarem Gelände gibt es weitere kulinarische Verwöhungen wie frittierte Nudeltaschen, Burger, Jamaican Food und sogar ein mobiler CookieDough Verkauf. Alle Stände sind auf dem Weg zwischen den zwei Bühnen aufgebaut, auf dem gefühlt nach jeder Band eine kleine Völkerwanderung stattfindet. Neben Essen gibt es auch noch Stände von Gitarrenmarken, AMPs und selbstgemalte Kunst.

Die Sidestage ist im Keller der Essigfabrik und wesentlich kleiner als die Mainstage. Hier unten die Band zu Gesicht zu bekommen war schwer, aber nicht unmöglich. Hören tut man immer was, vielleicht etwas zu viel. Gerade bei der zweiten Bühne ist der Pegel unglaublich laut, dass es schon mit Gehörschutz unangenehm ist. Bei der großen Bühne ist es auch sehr laut, aber noch auszuhalten. Wer aber hier ohne Gehörschutz rumläuft tut sich und seinen Ohren absolut keinen Gefallen.
Der Keller wird eingeweiht von Temples On Mars

Zurück in der großen Halle zeigen The Dali Thundering Concept aus Frankreich wie heavy Djent sein kann. Nicht viel Tiefe, die Leute feiern es trotzdem. 
Ebenso wenig Tiefe und noch weniger Melodie bringen die Briten von Conjurer. Doch sie überzeugen trotzdem dank sehr guter Bühnenpräsenz und Brachialität. 

Conjurer

Das Frankreich mehr zu bieten hat zeigen uns Kadinja mit ihrem melodischem Djent-Gefriemel. Perfomance von allen fünf war genau auf den Punkt und Frontmann Philippe Charny Dewandre musste sich nach fast jedem Song wieder fangen vor lauten Begeisterung über das Publikum. Sehr sympatische Typen. 

Kadinja


Asger Mygind, Vola
Mit dem Heavy Zeug wars das dann für heute, aber das macht absolut nichts, denn als nächstes kommen die Dänen Vola, die hier quasi eine Releaseparty vom neuen Album feiern. Schon vor Beginn ist die Halle gefüllt und alle warten sehnsüchtig. Mit tiefen, groovigen Gitarrenmelodien und kristallklarer Stimme bringt die Band die Essigfabrik zum Ausrasten. Die neue Platte Applause Of A Distant Crowd wurde live schmackhaft gemacht und gibts am Merch noch vor offiziellem Releasetermin zu kaufen. Vola, definitiv einer meiner Highlights des Wochenendes.

Vola
Mal wieder im Keller vorbeigeschaut, sieht man fast nichts. Australier Rohan Stevenson ist eigentlich Solokünstler und macht alles selbst, Recording, Mixing, Mastering. Doch live bringt er Freunde mit die mit ihm spielen, und noch mehr Menschen vor die Bühne. I Built The Sky überzeugen auch noch den letzten Schreihals, dass Instrumentalmusik seinen Platz in der Community hat. 

Wesentlich ruhiger und sinnlicher geht es bei Caligula's Horse zu. Das EB ist der Beginn ihrer Europatour, zusammen mit I Built The Sky und Circles, die im Keller überzeugt haben.

Als krönenden Abschluss des Tages spielen EB-Matadoren Monuments. Bereits zum 6. Mal beehren sie das Festival und fühlen sich wie Zuhause. Man merkt richtig wie die Djentmeute noch Appetit auf Deftiges hat und genau das servieren die Briten. Metalcore mit einem Touch modernen Progmetal. Songs wie I, The Creator und Origin of Escape gehören zum Djentrepertoire und knallen live einfach. Frontmann Chris Barretto legt nebenbei einen Crowdsurf hin, der gefühlt drei Lieder andauert. Nach ca 70 Minuten verabschiedet sich die Band und die Festivalmeute verstreut sich durch den Ausgang in die dunklen Gassen Kölns.

Monuments
Monuments



 Samstag

Hibakusha
Ausgeschlafen und mit frischem Kaffee in der Hand geht es los zum zweiten Tag.
Heute wird im Keller eröffnet, Kill Wolfhead. Progrock als perfekter Einstieg. 

Ayahuasca haben keine weite Anreise, wahrscheinlich zu deren Vorteil. Denn mit 8 Bandmitgliedern, von denen 3 auf Trommeln und Becken einschlagen haben die Kölner ne Menge Equipment. Das setzten sie gut in Szene und eröffnen die Mainstage für den Samstag.

Ebenso schwieriger Name, Hibakusha aus den Niederlanden. Mit donnerndem Breakdown-Getöse und stets hohem Tempo reißen sie die Halle ab, und geben einen wundervollen Vorgeschmack was gleich auf der Sidestage stattfindet.


Cabal. Wut, rübergebracht in einem Deathcore-Djent-Mix, verfeinert mit Strobolichtern die alle Fotografen den Kopf schütteln lassen. Die 5 Jungs aus Kopenhagen hätten definitiv einen Platz auf der großen Bühne verdient, ob dann die Show noch so intensiv wäre? Ich weiß es nicht. Mehr Action und Aufmerksamkeit hätte es auf jeden Fall gegeben. Mit schrillenden Gitarren- und Synthklängen und wummernder Bassdrum überzeugen die Jungs und zerstören ganz offiziell den Keller der Essigfabrik. 

Cabal
Eva Spence von Rolo Tomassi


Wer sich unten aus Platzgründen nicht bewegen konnte, der darf jetzt bei Rolo Tomassi ran. Frontfrau und Energiebündel Eva Spence machts vor. Zuerst recht unscheinbar mit einem Indie-Pop-Rock Mix und grazilen Tänzchen auf der Bühne, dann entfesseln die Briten ein Mathcore Feuerwerk à la The Dillinger Espcape Plan. Rolo Tomassi schaffen es die Zuschauer auch zu den jazzigsten Akkorden zum moshen zu bewegen. 



Djenty Metalcore Gruppe Heart Of A Coward machen da weiter wo die Bühnenvorgänger aufgehört haben. Vom Sängerwechsel im Frühjahr merkt man absolut nichts. Kaan Tasan (Consequenz Sänger) gibt sein Bestes und überzeugt. Die Band bringt Glieder zum Schwingen und Hüften zum Wippen. Da still zu stehen wäre auch schwierig.

Während Crippled Black Phoenix muss mal eine Sitzpause eingelegt werden mit einer kleinen Stärkung aus der Eurokitchen. 

Die Pause hätte ich lieber bei Soen (ausgesprochen: Sön) gemacht. Die Schweden spielen schwere, langsame Musik, getoppt mit klarer Stimme. Bei mir ist der Funke nicht übergesprungen, beim Großteil des Publikums schon, während dem Auftritt werden die Soen Anhänger durch emotionales Mitsingen bemerkbar. Ist nicht so meins, aber das Euroblast bemüht sich ja nicht nur Djentkracher hintereinander auf die Mainstage zu schicken, das ist gut so.

Headlinder des Abends sind Vildhjarta. Nach 3 Jahren Abstinenz der erste Auftritt. John Sprich, Veranstalter des Euroblasts kündigt sie persönlich auf der Bühne an. Die Halle ist voll, nichts geht mehr und alle warten. Auf die Bühne geschafft haben es nur 4 der eigenlich 6 Mitglieder. Wieso? Keine Ahnung. Kommen Vildhjarta jetzt zurück? Who knows. Was ich weiß ist dass der Auftritt geil war. Die Djent-Papas reißen die Grundmauern der Essigfabrik nieder. Keiner steht still. Headbangende Meute. Zusätzlich wurde extra für Vildhjarta eine neue Lichtshow aufgebaut, die super zur Musik passt, da flackerts und blitzts.
Vildhjarta

Vildhjarta

Sonntag

Der Sonntag beginnt träge und wir werden nur schwer wach. Der Körper und Geist ist erschöpft und das ständige Gebimmel des CookieDough Verkäufers geht einem echt auf den Sack. 
Auf geht's zum letzten Tag Euroblast in 2018. 
Eröffnet wird heute wieder in der großen Halle. Time, The Valuator, solider Metalcore mit progressiven Einflüssen. Gesang hört sich nach Periphery an. Während dem Konzert wird uns übrigens gesteckt, dass der Sänger seit 2 Wochen in der Band ist. 2 Wochen. Und der rockt das. Großen Respekt. 

Letters From The Colony schaffen es die restlichen Kräfte der Euroblastler rauszulocken. Langsam wacht jeder so ein Bisschen auf und es kommt Bewegung in die Halle, die auch immer voller wird. LFTC überzeugen mit groovigen, aber trotzdem brachialen Riffs und kräftiger Schreistimme.

Kräftige Stimme hat auch Vladimir Lalić, Frontmann von Organized Chaos. Der Begriff Frontmann ist hier übrigens genau richtig, Mann hat der Typ Charisma. Auch wenn man die eher experimentelle Musik nicht mag, der Auftritt macht Spaß und es ist unmöglich mit schlechter Laune rauszugehen. 
Organized Chaos
Als musikalisches Gegenteil hierzu kommen Humanity's Last Breath. Fuck. Wenn man Hass und Angst mit einer Band beschreiben will dann sind es HLB. Extrem tiefe und schwere Gitarrenriffs und Blastbeats. Und eine Stimme, nein, gröhlen, dass man zwei mal nachschauen muss ob es sich hier wirklich um ein Menschliches Wesen am Mikrofon handelt. Sie haben die gleiche Lichtshow wie ihre ebenfalls schwedischen Kollegen Vildhjarta. Viel Nebel, ab und zu sieht man eine schwarze Kapuze auf der Bühne aufblitzen. Das ist einfach nur Fies und Böse. Damit aber auch der letzte böse Akt beim Euroblast.
Humanity's Last Breath

Denn Sordid Pink spielen lieben Pop gepaart mit derbem Prog-Metal. Ja, das geht. Sordid Pink waren bis vor kurzem übrigens Destiny Potato. Diese waren des öfteren schon auf dem Euroblast zugange und haben sich jetzt entschieden mit neuer Musik auch neuen Namen anzulegen. Die ersten 20 Minuten haben sie noch alte DP Songs gespielt, den Rest dann als Sordid Pink. Großen Unterschied hab ich jetzt nicht rausgehört. Egal, war beides gut.


Beim Verlassen der Halle passiert etwas komisches. Der CookieDough-Bauchladen Verkäufer wurde an diesem Sonntag zum regelrechten Meme. Über welchen sich bislang alle aufregten, dass er einen kleinen Pappbecher mit ungebackenem, rohen Keksteig für 5€ verkauft wurde jetzt zugejubelt und alle freuen sich wenn er mit seiner Glocke übers Gelände bimmelt. Das hat sich den ganzen Tag wohl so hochgesteigert, dass es nach Sordid Pink das Highlight des Festivals gab. Und zwar draussen vorm Merchstand.



Gibt's auch nur auf Festivals.

Abschluss des diesjährigen Euroblasts sind Long Distance Calling, instrumental-Postrock aus NRW. Kein Abschied mit Knall, eher langsames Ausklingen, aber schöne Musik.

Der eigentliche Abschied ist dann aber im Keller. Rémi Gallego (auch bekannt als The Algorithm) legt bis 4 Uhr Morgens auf. Da ist alles dabei, heftiger Dubstep, langatmiger Techno bis zu seinem eigenen Zeug, was eine Gitarren, Drum, Synthie Mischung ist, und was für eine. Das ist dann wohl ein krönender Abschluss. Nächstes Jahr gerne wieder.

Ganz, ganz viele Bilder findet ihr noch hier:

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Off-Stage Impressionen

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